Wer heute baut, steht vor Herausforderungen, die weit über Entwurf, Funktion und Statik hinausgehen. Nachhaltigkeit, Ressourcenknappheit und Dauerhaftigkeit sind längst keine Randthemen mehr, sondern entscheidende Kriterien für Bauentscheidungen. In diesem Zusammenhang rückt ein innovativer Werkstoff zunehmend in den Fokus: Carbonbeton. Für viele in der Baubranche ist das Material zwar ein Begriff, doch sein enormes Potenzial ist häufig noch wenig bekannt – Zeit, das zu ändern.
Carbon vs. Stahl
Carbonbeton unterscheidet sich vom traditionellen Stahlbeton, denn statt mit korrosionsanfälligem Stahl wird der Beton mit Bewehrungen aus Carbonfasern kombiniert. Diese bestehen aus ultrafeinen, hochfesten Fasern, die in einem Harzsystem getränkt und ausgehärtet sind. Die Zugfestigkeit von Carbon ist dabei ein Vielfaches höher als die von Stahl – bei gleichzeitig deutlich geringerem Eigengewicht. Vor allem aber: Carbon rostet nicht. Dieser scheinbar einfache Unterschied hat enorme Auswirkungen auf die Baupraxis.
Weniger Betondeckung, weniger Material
Die Korrosionsfreiheit macht übliche Schutzmaßnahmen wie hohe Betondeckungen überflüssig. Bei klassischem Stahlbetonbauteilen liegt diese Betondeckung meist zwischen 40 und 55 Millimetern, um die Bewehrung bei extremen Expositionen, wie z.B. Chloriden zu schützen. Carbon hingegen benötigt lediglich rund 19 Millimeter – das bedeutet: schlankere Bauteile, weniger Beton und damit erheblich geringerer Material- und Transportaufwand. Gerade in einer Zeit, in der Zement als CO₂-intensiver Baustoff in der Kritik steht, ist das ein großer Vorteil.
100 Jahre garantierte Lebensdauer
Während bei Stahlbetonbauteilen mit einer Nutzungsdauer von rund 50 bis 80 Jahren kalkuliert wird – je nach Exposition und Instandhaltungsaufwand –, zeigen Untersuchungen bei Bauteilen mit Carbonbewehrung deutlich längere Lebenszyklen auf. Carbonbewehrte Bauteile können problemlos über 100 Jahre überdauern, ohne dass ihre Tragfähigkeit leidet. Zahlreiche Dauerstandversuche bestätigen diese Zuverlässigkeit und Ermüdungsfestigkeit des Materials unter realistischen Belastungsszenarien.
Richtlinie & Zulassung
Für Planer und ausführende Unternehmen besonders wichtig: Mit der DAfStb-Richtlinie „Betonbauteile mit nichtmetallischer Bewehrung“ (2024) wurde ein normativer Rahmen für den Einsatz von Carbonbeton geschaffen. Diese erlaubt die regelkonforme Planung und Ausführung von Bauteilen mit z.B. Carbonbewehrung. solidian GRID ist aktuell das einzige Carbonbewehrungsgitter mit allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung (abZ) – ein zentraler Aspekt für die sichere und wirtschaftliche Anwendung im Baualltag.
Verschiedene Produkte mit EPD
solidian bietet als führender Hersteller ein vielseitiges Produktportfolio. solidian GRID beispielsweise ist ein leichtes, hochfestes Bewehrungsgitter aus Carbon, welches sich ideal für tragende Betonbauteile eignet und dank seiner geringen Aufbauhöhe besonders filigrane Konstruktionen erlaubt. Wer hingegen mit stabförmigen Elementen arbeitet, findet in solidian REBAR eine hervorragende Alternative zu klassischen Bewehrungsstäben aus Betonstahl. Ergänzt wird das Sortiment durch solidian ANTICRACK – ein speziell entwickeltes Bewehrungsgitter, das gezielt zur Minimierung der Rissbreiten eingesetzt wird und die Rissverteilung im Bauteil optimiert. Darüber hinaus gibt es auch flexible Gitter für konstruktive Anwendungen. Für diese Produkte liegen zur ökologischen Planung zum Teil auch Umweltproduktdeklarationen (EPDs) vor.
Anwendungen
Carbonbeton ist also längst nicht mehr nur ein Forschungsthema oder ein Spezialfall für Prestigeprojekte. Er ist bereit für den flächendeckenden Einsatz – im Neubau ebenso wie bei der Sanierung. Denn gerade dort, wo klassische Stahlbewehrung an ihre Grenzen stößt – etwa bei chloridbelasteten Bestandsbauwerken oder in hoch exponierten Umgebungen –, spielt Carbon seine Vorteile voll aus.
Im Ingenieurbau kommt Carbonbeton vor allem beim Neubau und der Tragwerksverstärkung von Brücken zum Einsatz – dort, wo Tragfähigkeit, Dauerhaftigkeit und Korrosionsbeständigkeit gefragt sind. Im Hochbau ermöglicht die schlanke Bauweise filigrane Architektur bei gleichzeitig hoher Traglast, etwa bei Fassaden- oder Balkonplatten und -brüstungen. In der Sanierung überzeugt Carbonbeton besonders durch geringe Schichtdicke und seine Vorzüge im Transport (sehr leicht) und Baustellenlogistik (platzsparend durch z.B. Bewehrung auf der Rolle). Er lässt sich daher gut als dünne Verstärkungsschicht für bestehende Bauwerke nutzen. Das senkt Bauzeit und Kosten und verlängert die Lebensdauer des Bestands signifikant. Auch in besonders aggressiven Umgebungen wie Kläranlagen, Parkhäusern oder Tiefgaragen, zahlt sich die chemische Beständigkeit und Langlebigkeit des Materials aus.
Zur Unterstützung von Planern und Ingenieuren bieten wir ein umfangreiches Planungscenter mit den nötigen Unterlagen sowie einem Bemessungstool.